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Wenn die Schul- zur TV-Gemeinde wird

Erstellt von Karsten Schulz am in Kategorie: Kirche

Schon bei vielen großen Projekten haben Söderblom-Gymnasium und Birger-Forell-Realschule, die beiden landeskirchlichen Schulen Espelkamps, zusammengearbeitet. Doch der „Reformationsgottesdienst im Fernsehen“ verlangt von allen Beteiligten viel, viel Konzentration, Kraft und Einsatz. Und das Ganze auch noch in den Ferien.

Während sich viele Mitschüler zurzeit irgendwo mit Lieblingshund an Nord- und Ostsee vergnügen und die letzten Strahlen der Herbstsonne auskosten oder gar am noch warmen Mittelmeer einen Sprung ins kühle Nass wagen, verbringen Achim Schultz – er spielt Martin Luther – oder Tanja Dittmann – sie ist Moderatorin - bald mehr Zeit in der Thomaskirche als Zuhause. Sie proben und proben fast täglich für den ARD-Fernsehgottesdienst, der Montag ab 10 Uhr morgens über alle Mattscheiben flimmert. Noch verstärkt wird ihr Probenpensum am Samstag und Sonntag, wenn das 40-köpfige Fernsehteam dazukommt und möglicherweise noch einmal alles ganz anders haben will. Dann wird die Stopp-Uhr das wichtigste Utensil. Fast auf die Sekunde müssen die einzelnen Passagen gesprochen, gespielt und gesungen werden. Und nach einer Stunde wird um Punkt 11 Uhr abgeschaltet – dann muss allerdings der Schluss-Segen gesprochen sein. Ungewöhnlich an dem aus Espelkamp übertragenen Reformationsgottesdienst in diesem Jahr ist die Tatsache, dass er zum ersten Mal aus einem westdeutschen Bundesland übertragen wird. In Nordrhein-Westfalen ist der 31. Oktober kein gesetzlicher Feiertag. Außerdem wird der Gottesdienst zum ersten Mal von einer Schulgemeinde ganz allein – ohne geistlichen hauptamtlichen Beistand organisiert. Insgesamt wirken 35 junge Männer und Frauen mit, die von acht Lehrkräften, einschließlich des Kantors unterstützt werden.

Sie erarbeiteten gemeinsam im Religions- und Musikunterricht das Thema – passend zum Reformationstag: „Jeder wird von Gott angenommen – ohne Vorbedingungen.“ Im szenarischen Spiel mit viel Musik nähern sich die Schüler den Fragen, die Martin Luther vor einem halben Jahrhundert stellte und ihrer aktuellen Bedeutung. Eingebunden ist auch die Evangelische Martins-Kirchengemeinde in Espelkamp.

So macht sich eine Schülergruppe aus heutiger Zeit auf, um das Leben und Wirken Martin Luthers zu erkunden. Alle schleppen mehr oder weniger größere Probleme mit sich herum. Bei einem Mädchen ist der Vater plötzlich arbeitslos geworden – und damit ist die Zukunft und Entwicklung der gesamten Familie gefährdet. Bei einem Mädchen ist ein Elternteil verstorben – sie hat die Trauer noch nicht bewältigt. Und ein junger Mann ist von Natur aus ein Zweifler, er glaubt nur das, was er direkt sehen, begreifen und anfassen kann. Dei Drei unterhalten sich, gleichzeitig wird in einem weiteren Handlungsstrang MartinLuther dargestellt mit seinen Selbstzweifeln, seinen Glaubenserfahrungen und schließlich mit der Gewissheit, dass Gott ihn verstanden hat. Am Schluss begegnen sich Schülergruppe und Luther. Sie überbrücken die zwischen ihnen liegenden mehr als 500 Jahre. Plötzlich wird Luther wieder aktuell . . .

Einlass zum Reformationsgottesdienst ist von 9 bis 9.45 Uhr. Danach werden die Türen geschlossen.

Neue Westfälische vom 29. Oktober 2011