Söderblom-Schüler proben Frischs "Andorra"
"Und nehmt euch noch mal die Textbücher vor. Beim nächsten Mal will ich keine Texthänger mehr erleben." Mit diesen mahnenden Worten entlässt Andreas Ferling seine Schülerinnen und Schüler aus der abendlichen Probe zu "Andorra" von Max Frisch. Die Vorbereitung des Stückes geht in die intensive Phase; ab sofort wird mehrmals wöchentlich probiert.
Ferling hat recht, denn noch ist der Text für viele der Laiendarsteller ein schwerer Brocken, mit dem sie kämpfen und der dadurch viel Konzentration abzieht, die dann für die glaubhafte Umsetzung in Aktion, Körpersprache und Emotionalität fehlt. Alle haben sich in ihre Rollen gefunden, alle kennen ihre Gänge und ihre Aufgaben beim Umbau für die nächste Szene. Das ist schon viel, aber für ein lebendiges Spiel muss noch viel Probenzeit aufgewendet werden, aber die ist eingeplant: Am 12. November beginnt der Vorverkauf und die Premiere ist für den 31. Januar kommenden Jahres angesetzt. Fünf weitere Abendvorstellungen folgen.
Außerdem sind noch Schülervorstellungen geplant, denn "Andorra" ist ein gern eingesetzter Unterrichtsstoff. "Das Thema bleibt offenbar immer aktuell", meint Ferling. "Darum spielen wir es auch in der Gegenwart. Das wird auch an den Kostümen deutlich." Das weist auf die Arbeit, die "hinter den Kulissen" stattfindet, nämlich Bühnenbau, Kostümschneiderei, die Entwicklung des Programmheftes und der Eintrittskarten, Plakate, Prospekte, Pressearbeit... Das hat am Söderblom-Gymnasium eine fast 60 Jahre lange Tradition, die von den derzeit 29 Aktiven in Ferlings Laienspielkurs fortgesetzt wird.
Andorra - damit ist ebensowenig der Zwergenstaat in den östlichen Pyrenäen zwischen Spanien und Frankreich gemeint wie dass es nur um Juden geht. Frisch wollte Handlung und Ort nur so realistisch wie möglich haben.
Hier geht es im Ängste, Diskriminierung und Aufbau von Feindbildern, die schließlich eine Eigendynamik entwickeln und in Gewalttaten eskalieren. Und es geht um Faschismus, die Herrschaft durch Angst und die Anfälligkeit des Menschen, sich darin zu ergeben. Schaudernd erkennt er beim Blick in den Spiegel sich selbst als Verräter und Mitschuldigen.
Starker Tobak für die Schüler also, die sich das Stück allerdings gemeinsam mit ihrem Kursleiter ausgesucht haben, unter anderem, weil sie Schüler in ihrer Umgebung auf die Aktualität der behandelten Themen aufmerksam machen wollen. Bis zur Aufführung im kommenden Jahr liegt noch ein steiniger Weg vor den jungen Laienspielern. Doch eine solide Basis ist gelegt. Auf das endgültige Resultat darf man gespannt sein.
© 2013 Neue Westfälische, Mittwoch 30. Oktober 2013