Musik wie Poesie
Kontrapunkte 3.19 auf Gut Renkhausen: Extraklasse von junger Hand
Stille im Saal. Zwei junge Männer nehmen am Flügel Platz. Tief Luft holen. Dann berühren 20 Finger die Tasten – um das Publikum zu berühren. Die mehrfach preisgekrönten Pianisten Leander Brand und Edvard Salvesen haben am Sonntag auf Gut Renkhausen ihre ganze Kunst präsentiert.
Mit Gedichten und Prosatexten setzte der Literaturkurs des Söderblom- Gymnasiums einen Kontrast zur klassischen Musik. »Kontrapunkte 3.19« hieß daher der Abend, der 120 Zuschauer auf das Gut geführt hatte.
Die Kombination aus Mozart und Ravel mit Versen und Texten funktionierte gut. Und das, obwohl die Schüler im Gegensatz zu den »Profis« am Klavier erkennbar mit Lampenfieber zu kämpfen hatten. Sie lasen Werke vor, in denen sie eigene Erfahrungen und Erlebnisse verarbeitet hatten. Sie griffen das auf, was sie fühlen, riechen und hören. Sie entwarfen Wortspiele zum Lauf des Lebens oder zu Naturerfahrungen. Sie sprachen über die Demenz der eigenen Großeltern – und über die erste Liebe. Es sei mutig, diese Verse vor Publikum vorzutragen, sagte Lehrer Andreas Ferling. Die Schüler würden ihr Innerstes nach Außen kehren.
Musik wie Poesie: die lieferten Brand und Salvesen. Trotz ihres jungen Alters von 16 Jahren beherrschen die beiden Pianisten ihr Instrument meisterlich. Auch die unmittelbare Nähe des Publikums, das den schwarzen Flügel umringte, konnte die Musiker, die seit frühester Kindheit am Klavier sitzen, nicht aus der Ruhe bringen. Seit 2014 bilden Brand und Salvesen eine Einheit. Vor wenigen Wochen waren sie auf einer Japan-Tournee. Tausende Zuhörer feierten die deutschen Pianisten.
Im Saal spürt jeder, dass das Duo perfekt aufeinander abgestimmt ist. Der Einstieg ist leicht Mozarts Sonate in D-Dur. In den schnellen Passagen beweisen die Finger, dass sie schon tausendfach die richtigen Tasten gefunden haben. Das funktioniert auch mit zwei Händen. Als Solist spielte Salvesen Werke von Bach und Debussy, während Brand Kompositionen von Scriabin und Chopin zu Gehör brachte. Die Pianisten schienen dabei in ihrer Musik gefangen. Mit geschlossenen Augen spielten sie gefühlvolle Passagen, um bei dramatischen Abschnitten die Finger fliegen zu lassen – fortissimo. »Boah!« Als das aus dem Publikum zu hören ist, müssen die Musiker doch lächeln. Für das gelungene Heimspiel – Salvesen kommt aus Lübbecke, Brand aus Bad Oeynhausen – wurden die Pianisten vom Publikum gefeiert. Zwei Zugaben gab’s.
»Vierhändig am Klavier, das ist außergewöhnlich«, erklärte Volker Böttcher von der Sparkassenstiftung. Die hatte das Konzert gemeinsam mit dem Verein Herrenhäuser und Parks, der Kreis Minden- Lübbecke und der Familie Warnecke von Gut Renkhausen organisiert. Böttcher sagte, es habe ihn sehr gefreut, dass er an diesem Abend zwei Ausnahmekünstler hätte begrüßen dürfen.
Der Artikel ist in der EZ vom 27.03.2019 nachzulesen.