Messlatte noch höher gehängt
Theater AG des Söderblom-Gymnasiums hatte mit „Geliebte Aphrodite“ Premiere. Espelkamp. Auf eine solche Leistung darf man stolz sein: Die Theater AG des Söderblom-Gymnasiums hatte am Freitagabend mit der Komödie „Geliebte Aphrodite“ von Woody Allen eine Premiere, die die Messlatte für Laientheater wieder einmal ein Stück höher gehängt hat. Spielfreude mischte sich gelungen mit Qualitätsbewusstsein.
Wer diese Aufführung besucht, geht mit vielen bunten Bildern im Kopf und mit schönen Eindrücken, die erst einmal sortiert werden müssen, nach Hause.
Dabei ist die Story relativ einfach: Das Sexualleben der Weinribs hat mit den Jahren merklich an Fahrt verloren. Während Lenny Weinrib sich mit seiner allgemeinen Looser-Rolle arrangieren kann und sich trotzdem nicht entmutigen lässt, kraxelt seine Frau Amanda fleißig auf der Karriereleiter und will alles, nämlich Karriere und Kind, letzteres per Adoption.
So kommen die Weinribs an ein männliches Baby. Lenny will seinem neuen Sohn Max später einmal sagen können, wer seine wahren Eltern waren und stellt intensive Nachforschungen an, die nicht ohne Gefahr sind, aber auch voller Komik.
Er bekommt heraus, das Max' Mutter eine Prostituierte, Linda Ash, ist und seine Vater einer ihrer vielen hundert Freier. Nun setzt Lenny alles daran, Linda in ein bürgerliches Leben zurück zu führen und zu diesem Zweck mit dem intellektuell stark unterbelichteten, erfolglosen Boxer und glücklichen Zwiebelfarmer in spe, Kevin, zu verkuppeln. Ohne Erfolg. Doch das Leben regelt sich von alleine. Linda lernt auch ohne Lennys Zutun einen Traummann kennen und es kommt nach Jahren zu einer seltsamen Begegnung, bei der jeder dem anderen vorenthält, dass er soeben auch sein leibliches Kind kennengelernt hat.
Woody Allen bringt die Komik des Lebens in seinem Stück zu Geltung und baut zudem einen (sprechenden) Chor ein, wie man ihn aus dem Theater der griechischen Antike kennt. In dieser Inszenierung residiert der Chor links auf der Bühne in einem griechischen Torbogen mit stehenden und umgestürzten Säulen und Gesteinsblöcken. An den Choristen sind die Jahrhunderte nicht spurlos vorbeigegangen und so mischen sich Kassandras Kristallkugel mit Handy-Anrufen auf Zeus' Mailbox. Mit erstaunlich frischen Sprüchen kommentieren sie das aktuelle Geschehen auf der Bühnenmitte. Gelassen schlendert der Chorführer, glaubwürdig lakonisch-ironisch gespielt von Bent Grot, immer mal wieder – längst resigniert – in die Szenerie, um mit Warnungen und treffsicheren Kommentaren auf die Handelnden einzuwirken, meist vergeblich.
Rechts neben der Bühne und den Aufgang zur Empore geschickt als Showtreppe nutzend, residieren die Choristen der Moderne, klangstark unterstützt durch die Band „Mighty Aphrodites“ unter Leitung von Andreas Ferling.
Eigentlich nur zur Überbrückung der Umbaupausen gedacht, verleihen sie der Gesamtleistung mit Glitter und Glamour einen gewissen Showcharakter. Mit Maria Wunderlich und Christoph Axnick, der zwischendurch auch gelungen den Boxer Kevin so schön blöd verkörpert, haben sie starke Frontsänger, deren Stimme man weiter hören will.
Starke Schauspieler offenbarten sich in den Hauptrollen, allen voran Ricardo Bölk als Lenny. Voll prall verkörperte Anna Bröderhausen die Linda Ash - herrlich auch in der Darstellung misslungener Bürgerlichkeit. Energiegeladen präsentierte das Ensemble unter der Regie von Bärbel Brandt und Andreas Ferling, tatkräftig unterstützt von ihren Assistenten Sarah Schütte und Karolin Tiemann, eine rundum gelungene Ensembleleistung. So macht Theater auch den Zuschauern richtig Spaß, denen zum Glück am Sonntag, 13. Februar, 18 Uhr, schon jetzt eine Zusatzvorstellung angeboten wird.
Neue Westfälische vom 07. Februar 2011