"Meine Traumschule"
Dem Espelkamper Söderblom-Gymnasium ist Ernst-Friedrich Brandt eng verbunden. Seit fast 40 Jahren unterrichtet er hier und leitet die Schule seit 2013. Im Gespräch mit der NW berichtet Brandt, warum das Söderblom-Gymnasium seine Traumschule ist und warum er persönlich sehr viel von G 9 hält.
Gut, andere Gymnasien hatte sich der junge Referendar schon angeschaut. Ob es da eine Schule in kirchlicher Trägerschaft sein sollte, wie ihm seine Frau vorschlug, da hatte Ernst-Friedrich Brandt seine Zweifel. Hinter Klostermauern, das wäre nicht seins. Die Zweifel waren im Nun verflogen, als Brandt sich dann doch das Söderblom-Gymnasium in Espelkamp ansah und vom damaligen Schuleiter Fritz Sundermeier begrüßt wurde. Die Herzlichkeit in der von der evangelischen Landeskirche getragenen Schule überzeugte Brandt, der während des Studiums seine spätere Frau kennenlernte - eine ehemalige Söderblomerin.
Die Entwicklung von Schulen hat Brand 40 Jahre begleitet, die meiste Zeit am Söderblom-Gymnasium. Nur Anfang der 1990er war er kurz weg in der allgemeinen Schulverwaltung der Evangelischen Kirche von Westfalen. Hier schrieb er den Entwurf für ein Konzept für eine evangelische Gesamtschule in Gelsenkirchen. In der Brand hätte anfangen können?
"Nein, weil ich nicht wollte", sagt der 64-jährige lachend. "Ich wollte von dieser Schule, die meine Traumschule ist, nicht weg. Egal, was man mir geboten hätte - ich wäre am Söderblom geblieben." Warum Traumschule? Brand muss nicht lange überlegen. "Als Schule in freier Trägerschaft haben wir ganz andere Möglichkeiten, den Schulalltag zu gestalten und Neues auszuprobieren."
Beispiele seien verschiedene Arten des Religionsunterrichtes wie etwa Andachtskurse oder alternative Religionskurse. In den 1980er Jahren sei aus einer von Peter Tiemann und ihm organisierten Kollegiumstagung der MuKu-Unterricht entwickelt worden. Als Ergänzung zum schon bestehenden Laienspiel? "Ja, genau", merkt Brandt im Gespräch mit der Neuen Westfälischen an, "um die Kreativität der Schüler weiter zu fördern."
Der Umgang mit den Schülern sei von Wertschätzung geprägt und das, so sieht es der Schulleiter, resultiere aus dem Glauben heraus, dass Menschen von Gott wertgeschätzt werden. Ernst-Friedrich Brand: "Aus dem Zuspruch ,Ihr seid zur Freiheit berufen? wächst der Anspruch an uns selbst heraus und auch von Außen, die uns anvertrauten Schüler wertzuschätzen".
Das sind im Moment 1.150 junge Menschen, um die sich ein 95 Mitglieder zählendes Kollegium kümmert. Im Spitzenjahr waren es schon mal 1.400 Schüler und das Söderblom war damit größes Gymnasium in Westfalen. Die Zahl schmolz aber wegen G 8. Eine Schule, gibt Brandt zu bedenken, müsse auch händelbar sein. "Wir geben uns Mühe, der großen Schülerzahl gerecht zu werden." So in der Größe wie jetzt, das passe schon.
Zusammenarbeit von Kirche und Staat in Espelkamp beispielhaft
Er finde es toll, wie sich die Schüler einbrächten - etwa beim jüngsten Projekt "Schule ohne Rassismus" oder beim Eine-Welt-Laden. Das hänge nicht mit dem Unterricht zusammen - anders als Laienspiel oder Bigband, aus Sicht Brandts Aushängeschilder. "Aber es sind alles schöne Beispiele, wozu junge Menschen fähig sind und wozu sie bereit sind."
Als Schule in freier Trägerschaft habe sich das Söderblom-Gymnasium auf den Weg gemacht, Schüler schneller zum Abitur zu führen. Beim Thema "Profilklasse" sei man schon weit voran gewesen, als das NRW-Kultusministerium G 8 einführte. "Da hatte es sich mit der Profilklasse erledigt."
Wie hält es Brandt mit G 8 beziehungsweise der Ankündigung des Landes, dass es wieder zu G 9 gehen soll? Er persönlich sei überzeugter Anhänger von G 9. "Für G 9 spricht Lernen mit Muße." Der Stoff, den man lerne, müsse wachsen und nicht eingebimst werden. Die Analyse von Texten etwa müsse gelernt sein, da brauche es Faktenwissen.
Ganzheitlicher und umfassender, so sei das alte G 9 gewesen. Ob das neue G 9 das so aufgreife, das sei offen, merkt Ernst-Friedrich Brandt an. Dazu wolle das Land die Schulleitungen Ende November informieren.
Welchen Stellenwert das Söderblom-Gymnasium in Zeiten hat, in denen die Zahl evangelischer oder evangelikaler Schulen zunimmt? Er finde, dass es ein unschätzbarer Wert sei, dass Schulen in freier Trägerschaft verfassungsmäßige Freiheiten hätten und der Staat kein Monopol erhebe. Der Staat schränke sich ganz bewusst selbst ein, meint Brandt. "Das finde ich ganz wichtig und daher kann der Staat nicht in Beliebigkeit sagen, diese freie Schule darf und die andere darf nicht."
Es gebe natürlich gleiche Spielregeln für alle - etwa bei der Qualifikation der Pädagogen und beim Lehrplan. Wenn aber mehrere Schulen, die Menschen im christlichen Bild erziehen wollten und untereinander meinten, in Konkurrenz treten zu wollen, dann sei das "diskussionswürdig".
Welchen Stellenwert das Söderblom-Gymnasium für die Stadt Espelkamp hat? Die Stadt und die Landeskirche hätten sich in der Zusammenarbeit im Schulzentrum gut verständigt. Das Verhältnis von Kirche und Staat, das in Espelkamp prägend sei, werde gut fortgeführt. Das gute Miteinander sei in Westfalen schon eine Besonderheit. Brandt: "Andere Schulen in evangelischer Trägerschaft beneiden uns um die Zusammenarbeit, wie sie hier läuft."
© 2017 Neue Westfälische, Mittwoch 18. Oktober 2017