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LANDTAGSWAHL: Podiumsdiskussion mit Kandidaten im Söderblom-Gymnasium

Erstellt von Klaus Frensing am in Kategorie: Gesellschaftswissenschaften

Espelkamp. Ein Platz blieb leer. „Die Piraten haben kurzfristig abgesagt“, bedauerte Frank Engelhardt die Abwesenheit von Luzian Junkereit. Ansonsten aber standen die Direktkandidaten im Wahlkreis 88 (Altkreis Lübbecke) Friedhelm Ortgies (CDU), Ernst-Wilhelm Rahe (SPD), Malte Rötz (FDP) und Jürgen Friese (Grüne) den Fragen der knapp 200 Schüler aus dem zwölften Jahrgang in der Aula des Gymnasiums Rede und Antwort.

Eins vorweg: So langweilig wie viele befürchtet hatten, entwickelte sich der Polit-Talk keineswegs. „Es war interessant und spannend“, war der überwiegende Tenor nach der einstündigen Veranstaltung. Und so mancher wird sich seine Wahl-Entscheidung aufgrund der gut 60 Minuten noch einmal gründlich überlegen, wie eine Abstimmung ergab.

Die Veranstaltung verlief so flott, weil die drei Moderatoren Lena Sünderbruch, Ann-Kristin Bednar und Johannes Kriebel souverän durch die Diskussion führten und den Kandidaten unerbittlich das Wort entzogen, wenn die vereinbarte Redezeit abgelaufen war.

Das fiel den engagierten Politikern natürlich bei der Vorstellung des Wahlprogramms ihrer Partei schwer. In drei Minuten das auszubreiten, was Grüne, SPD, FDP und CDU im Land für die kommende Wahlperiode (fünf Jahre) auf ihre Fahnen geschrieben haben, komprimiert in drei Minuten darzulegen, das gelang nur Freidemokrat Malte Rötz.

Von großem Interesse für die Zwölftklässler ist natürlich die Bildungspolitik. Stolz verweisen Rahe, Friese und Ortgies auf den historischen Schulkompromiss. „Ein großer Fortschritt“, waren sie sich einig. Er gibt der Schullandschaft in den kommenden Jahren Zeit und Ruhe, sich zu entwickeln. Einzig die FDP hängt nach wie vor am dreigliedrigen System .

In Sachen Studiengebühren stehen SPD und Grüne für ein beitragsfreies Studium. Bildung für alle, lautet ihre Parole. Während Friedhelm Ortsgies auf die Aussage Norbert Röttgens verwies, auf eine Wiedereinführung der Gebühren zu verzichten, sprach sich Malte Rötz für Studiengebühren aus: „Die Beiträge haben sich bewährt.“ Es sei nicht einzusehen, dass diejenigen, die nicht studieren, für die anderen mitbezahlen sollen. Die FDP favorisiere eine Lösung, in der die Gebühren erst gestundet werden, um dann im späteren Berufsleben abgezahlt zu werden.

Auf ACTA (Anti-Counterfeiting-Trade Agreement), dem Anti-Produktpiraterie-Abkommen, angesprochen, waren sich alle vier Kandidaten einig, dass geistige Arbeit und geistiges Eigentum geschützt werden muss. „Das Netz muss frei sein, aber im bestimmten Rahmen“, betonte Jürgen Friese. Regeln und Grenzen befürwortete auch Friedhelm Ortgies. Es gelte, darauf zu achten, wer wie und was im Netz unterwegs sei.

Ernst-Wilhelm Rahe kritisierte die Piraten für ihre Absicht, das Patentrecht aufzuheben, lehnt aber auch ACTA ab, weil hier „klammheimlich gegen den Willen der Bevölkerung wirtschaftliche Interessen durchgesetzt“ worden seien.

Ein Thema, das landauf, landab unter den Nägeln brennt ist der demographische Wandel. Es gelte, das Lebens- und Berufsumfeld so attraktiv zu gestalten, dass die Menschen gerne hier leben und auch nach abgeschlossenen Studium wieder in ihre Heimat zurückkehren. Ganz konkret sprach sich zudem Ernst-Wilhelm Rahe für eine Familienpolitik aus, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht.

Zum Schluss hatte jeder der Vier die Gelegenheit zu sagen, was er von der Wahl erwartet. Friedhelm Ortsgies möchte sein Direktmandat verteidigen und die CDU wieder in der Regierungsverantwortung sehen. „Oppostion ist Mist“, zitierte er Franz Müntefering.

Malte Rötz wünscht sich, dass die FDP wieder in den Landtag einzieht, um als „einzige Partei, die sich nicht am Wettbewerb um die sozialste Rhetorik beteiligt“, den Menschen zu sagen, was notwendig ist.

Ernst-Wilhelm Rahe möchte, dass Hannelore Kraft und RotGrün ihre erfolgreiche Politik, „wo der Mensch im Mittelpunkt steht“, weiter führen kann (und zwar mit einer deutlichen Mehrheit); er möchte auch den Wahlkreis gewinnen und setzt darauf, dass die Menschen auch taktisch ihre Ernst- und Zweitstimme einsetzen, während Jürgen Friese davon träumt, der erste direkt in den Landtag gewählte Grüne zu werden. Auf jeden Fall wünschen sich alle, dass die Menschen von ihrem demokratischen Recht Gebrauch machen und am 13. Mai wählen gehen.

Neue Westfälische vom 28. April 2012