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Wald als Energieträger von Bedeutung

Erstellt von Julia Kreykenbohm und Hendrik Tittel am in Kategorie: Naturwissenschaften

Exkursion „Nachhaltige Forstwirtschaft“ bringt Teilnehmern interessante Erkenntnisse.

Lübbecker Land. Eine Gruppe von 40 Leuten stapft über den laubübersähten Waldboden. Der Geruch von Holz und Erde liegt in der Luft, trotz des Sonnenscheins ist es kalt. Bei der vermeintlichen Wandergruppe handelt es sich um die Teilnehmer der Lehrerfortbildung „Nachhaltige Forstwirtschaft“. Trotz der kühlen Temperaturen war die Anfrage für diese Waldexkursion groß.

„Wir mussten sogar Interessenten absagen“, berichtet Rita Rehring vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband Denn viele Lehrer wollten direkt vor Ort etwas über den Wald und seinen Nutzen erfahren.

„Der Wald erfüllt sehr viele verschiedene Funktionen“, erklärt der Kreisverbandsvorsitzende und Waldbauer Karl-Heinz Becker. „Er ist Erholungsquelle, Sauerstoffproduzent, Freizeitort, Arbeitsplatz und Lebensraum für Tiere.“ Gerade in Zeiten, in denen die Luftverschmutzung immer weiter steigt, gewinnt der Wald an Bedeutung. Mit jedem Kubikmeter Holz, der in den Wäldern wächst, wird etwa 1,8 Tonnen Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre gezogen und unter Abgabe von Sauerstoff als Kohlenstoff im Baum gespeichert.

Aber auch ein weiterer Aspekt rückt den Wald immer mehr ins Blickfeld: Mit den steigenden Preisen für Öl und Gas sind regenerative Energieträger gefragt wie nie zuvor. Viele Verbraucher versuchen, etwas unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu werden und greifen auf Scheitholz, Hackschnitzel und Pellets als Wärmespender zurück. Auf Grund dieser Entwicklungen scheint es umso wichtiger, mehr über den Rohstoff Holz zu erfahren, wie er angebaut wird und was es dabei zu beachten gibt.

Vom Gut Crollage geht es auf Treckeranhängern in den Crollager Wald, wo Jürgen Rolfs, Revierförster für Lübbecke und Pr. Oldendorf, die Führung übernimmt. Über Stock und Stein geht es zu einem Erdloch, wo Rolfs den Pädagogen die Beschaffenheit des Bodens erklärt und welche Rolle er beim Anpflanzen spielt: „ Jeder Baum benötigt einen bestimmten Ort, wo er wachsen kann. Die Esche beispielsweise ist sehr anspruchsvoll. Sie braucht Nährstoffe und Feuchtigkeit.“

Danach dreht sich der Vortragen um den Umgang mit dem Rohstoff. wie viel Holz darf man zum Beispiel nehmen? „Das entscheidende Wort hier ist nachhaltig“, betont Jürgen Rolfs „Wir nehmen nur soviel, wie auch nachwächst oder besser gesagt, qualitativ nachwächst. Dazu fließt auch noch der ökologische Aspekt mit ein. Wenn beispielsweise ein Baum abbricht, nehmen wir ihn nicht sofort weg sondern lassen ihn vielleicht noch als Wohnung für Spechte.“

Auch die Frage über Holz als neuer Energieträger greift der Revierförster auf. „Sechs Prozent der Energie soll mal aus Holz gewonnen werden. Wenn man so durch den Wald geht, fragt man sich doch: geht das?“ Rolfs rät, die Prognosen nicht zu optimistisch zu sehen. Würde man das gesamte Holz aus der 85 Hektar großen Fläche des Crollager Waldes nur als Energieholz für Strom und Wasser verwenden, könne man sieben Prozent der Bevölkerung von Pr. Oldendorf versorgen. In Lübbecke wären es sogar nur drei Prozent. Von daher glaubt Rolfs nicht daran, dass Holz der alleinige Energieträger der Zukunft sein wird.

Die Lehrer hören interessiert zu und stellen viele Fragen: „Ist es eigentlich besser, den Wald sich selbst zu überlassen oder einzugreifen?“ Rolfs Antwort ist klar: „Ich bin Waldwirtschafter und daher für einen Wirtschaftswald, in den der Mensch eingreift. Wo beispielsweise die schwachen Bäume an eine andere Stelle gesetzt werden, damit sie besser wachsen.“ Der Wirtschaftswald sei produktiver, denn er könne mehr Kohlenstoff binden, außerdem gebe es in ihm viel mehr Bäume, die nutzbar sind.

Hin und wieder wird das Wachstum des Waldes auch in die Hände der Natur zurückgelegt: „Bei den jungen Bäumen dienen Birken als Schutz. Sie drängen das Gras und die Brombeeren zurück. Wie Fußballtrainer Otto Rehagel sagt: kontrollierte Defensive.“ Die Zuhörer lachen. Für sie hat sich die Exkursion gelohnt. „Man hat viele neue Erkenntnisse gewonnen“, zog Sybille Herzog-Friedrich, Lehrerin am Gymnasium Söderblom in Espelkamp, das Fazit.

Auf Tuchfühlung mit der Natur: Die Pädagogen Hartwig Berges und Reinhard Sasse prüfen unter der Anleitung von Jürgen Rolfs (v. l.) Tonerde aus dem Crollager Wald. Dahinter schauen einige Kollegen zu.

Neue Westfälische vom 10. Februar 2011