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Laienensemble des Söderblom-Gymnasiums spielt ausgezeichnete Version von "Sophie Scholl"
Eine solide Theaterinszenierung bereichert zur Zeit das Espelkamper Kulturleben. Der Theaterkursus des Söderblom-Gymnasiums Espelkamp bringt in der Regie Bärbel Brandts das Stück "Sophie Scholl - Die letzten Tage", das nicht nur bei der Premiere und der zweiten Vorstellung am vergangenen Wochenende guten Anklang fand, sondern auch mit den noch folgenden Aufführungen ein lohnenswertes Ziel bietet.
Die beiden Autoren, Betty Hensel und Fred Breinersdorfer, die auch das Drehbuch zum gleichnamigen Film verfasst haben, bereicherten das Theaterstück um zusätzliche Facetten, indem sie die Briefe einbezogen, die Sophie Scholl an ihren Verlobten Fritz Hartnagel geschrieben hat, und die ihre emotionale Seite zeigen. Hartnagels Briefe wurden posthum erst im Dezember 2005 von seinem Sohn veröffentlicht.
So entfaltet sich die Geschichte der Geschwister Scholl und ihrer Freunde, die zusammen die Widerstandsgruppe "Weiße Rose" bildeten, um mithilfe von Flugblättern zu versuchen, den Terror der Nationalsozialisten zu bekämpfen und den Krieg zu beenden. Im Februar 1943 wurden sie verhaftet, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Dabei liegt ein besonderer Focus auf der Persönlichkeit Sophie Scholls, die - Gelassenheit und Stärke beweisend - ihren Überzeugungen treu bleibt, selbst dann, als der sie verhörende Robert Mohr, ihr eine "goldene Brücke" zu bauen versucht. Dieses "Entgegenkommen" ist übrigens nur durch seine eigenen späteren Aussagen belegt.
Dramaturgie und Regie haben die Inszenierung auf eine solide Basis gestellt, auf der sich gut aufbauen lässt. Alle Akteure sprechen deutlich und ausdrucksvoll. In den Verhörszenen glaubt man, den Sprachduktus der Vernehmungsprotokolle wieder zu erkennen. Ganz offensichtlich haben sich die Darstellerinnen und Darsteller intensiv in ihre Rollen eingearbeitet, so dass sie sie integer und souverän ausführen können. Wichtige Rollen sind doppelt besetzt, um Krankheitsfälle und ähnliches ausgleichen zu können. Ansonsten erfolgt der Wechsel nach Plan.
Bei der Akkuratesse der gesamten Inszenierung darf davon ausgegangen werden, dass die jeweiligen Rollenumsetzungen sich höchstens um Nuancen unterscheiden.
So entsteht bei allen eine starke Bühnenpräsenz, insbesondere bei der Darstellung Sophies und ihres Bruders. Dies gilt auch für die als stumme Rolle angelegte "Alte Sophie", die allein gestisch und mimisch kommentierend in die Handlung eingreift. Interessant ist auch die Interpretation der Rolle Roland Freislers. Die Darstellung verliert sich nicht in dem Versuch, den aus Filmen bekannten, bisweilen hysterisch brüllenden "Richter Gnadenlos" zu imitieren. Sie wirkt wenig pathetisch, sondern sachlich und dadurch knallhart und durchbricht damit nicht die emotionale Geschlossenheit der Inszenierung. Eine gute Idee sind die "Pappköppe" als Schöffen, deren einzige Aufgabe es ist, mit ausdruckslosen Maskengesichtern Feislers Ausführungen abzunicken.
Zu Beginn der Aufführung erklingt "Die Gedanken sind frei", und auch ansonsten hat sich Henrik Langelahn erfolgreich um adäquate musikalische Szenenübergänge bemüht. Unter seiner Leitung spielt auch das "Weiße Rose Orchester" ein vielseitiges und hörenswertes Ensemble mit Merle Hackstedt, Jana Sierig, Lars Gerding, Niklas Schulz, Lea Ladewig, und Parm-Jagow von Rundstedt mit Flöten, Gitarren, Klavier, sowie Trompete und Flügelhorn.
Erwähnt werden muss auch das ausgezeichnete, rund 50 Seiten starke Programmheft, das gute Dokumentationen der historischen Personen liefert und Zuschauern wie Darstellern mit reichem Fotomaterial zahlreiche Momente der Aufführung unvergesslich werden lässt.
© 2015 Neue Westfälische, Dienstag 03. Februar 2015
Ein Photoalbum mit vielen Bildern der Aufführung finden Sie in unserem Södernet.