Nachrichten-Archiv
Astreine Lehrstunde
Schüler der Jahrgangsstufe 7 des Söderblom Gymnasiums erleben waldpädagogische Veranstaltung
Die 26 Schüler der Klasse 7e des Söderblom Gymnasiums hobelten, sägten und schraubten wie die Handwerker. Jan Ladewig, ehemaliger Schüler des Gymnasiums, mittlerweile Tischler und Student für Forstwissenschaften, war für seinen Besuch am Söderblom extra aus Dresden angereist. Im Gepäck hatte er eine waldpädagogische Veranstaltung, die er im Rahmen seiner Abschlussarbeit entwickelt hatte.
In Kooperation mit Bärbel Schultz, Lehrerin für Biologie und Erdkunde am Söderblom Gymnasium, erlebten die Schüler dabei vier Stunden lang, warum die Pflege der Bäume im Wald auch für den Tischler sehr wichtig ist.
Während Äste für den Baum zur Ausbildung der Baumkrone und zur Photosynthese unentbehrlich sind, ist das harte Reaktionsholz der Äste für den Tischler bei der Holzverarbeitung eher problematisch. Deshalb sind forstliche Maßnahmen notwendig, um die Dimensionen von Ästen und somit dem Reaktionsholz möglichst gering zu halten.
Von Beginn an waren alle Schüler nicht nur Zuhörer, sondern konnten auch viele Dinge selbst ausprobieren. Im ersten Teil erklärte Ladewig an einer großen Stammscheibe den Aufbau eines Baumstamms und das Wachstum von Ästen.
Gemeinsam mit den Schülern entwickelte er ein Modell, bei dem die Schüler selbst die einzelnen Schichten des Baumstamms mit ihren Funktionen darstellten. An mitgebrachten hölzernen Alltagsgegenständen untersuchten die Schüler die verschiedenen Holzmerkmale, die sie in dem Modell lernten. Dabei fragten sich die Schüler, warum kaum Äste an den Gegenständen zu entdecken seien, wo doch der Baum auf die Äste angewiesen sei.
Im zweiten Teil schlüpften die Schüler selbst in die Handwerkerrolle. In kleinen Experimenten erforschten sie selbstständig, welchen Unterschied astiges Holz beim Hobeln, Sägen und Verschrauben macht. Dies erforderte gleichermaßen Geschick und Geduld im Umgang mit den teilweise unbekannten Werkzeugen. Auch kleinere Blessuren taten dabei der Stimmung keinen Abbruch und alle Forscher waren mit großem Engagement bei der Sache. Dann war die Kreativität der Schüler gefragt. In kleinen Gruppen erarbeiteten sie eigene Methoden, um das Astproblem in den Griff zu bekommen.
Die Schüler stellten ihre "Baumzüchtungen ohne Äste" oder auch "Maschinen zur Injektion von Stärke direkt in den Baumstamm" der Klasse vor, bevor es gemeinsam mit Ladewig in den Wald ging. Dort erfuhren die Schüler, welche Maßnahmen dem Förster im Wald tatsächlich zur Verfügung stehen.
Bei einer Wertästung werden Äste am Baumstamm manuell abgesägt, so dass astfreies Holz außen zuwachsen kann. Wesentlich günstiger ist es allerdings, die natürliche Astreinigung auszunutzen: Stehen die jungen Bäume dicht genug beieinander, entwickeln sich nur am obersten Ende kleine Baumkronen, da darunter nicht mehr ausreichend Licht vorhanden ist. Bleiben die Baumstämme im Schatten ihrer Kronen, erhält der Förster durch seine Pflege viel astfreies Holz.
Ob die Schüler nach diesem ereignisreichen Vormittag wirklich etwas darüber gelernt haben, dass forstliche Maßnahmen für die Produktion von astfreiem Holz unverzichtbar sind, wird die Evaluation der Veranstaltung in den kommenden Wochen zeigen.
Eins ist jedoch bereits klar: Die Werkstatt im Klassenzimmer und das praktische Lernen außerhalb des Klassenzimmers im Wald war sowohl für die Schüler als auch für die Lehrerin eine spannende und lehrreiche Erfahrung.
© 2015 Neue Westfälische, Montag 06. Juli 2015